Die Handschriftsteller
oder: Kleines Gulasch in Sankt Pölten in Triest.
Maximilian Saxer fuhr mit dem Zug von Wien Hauptbahnhof nach Villach, wo er den Intercity-Bus bestieg, der ihn nach Udine brachte, wo Maximilian sich in einen Regionalzug setzte, mit dem er mit Halten in Cervignano del Friuli und Monfalcone nach einer Gesamtdauer von sieben Stunden und dreißig Minuten am späten Abend sicher und wohlbehalten in Triest eintraf, wo er das letzte Mal vor vierundzwanzig Jahren gewesen war, am Hauptbahnhof nämlich vor dem immer schattigen Park mit dem Denkmal der Kaiserin Elisabeth, dem alten Bahnhof schräg gegenüber, in dem noch Joyce und Svevo Triest erreicht oder verlassen hatten. Bei sich hatte Maximilian Saxer einen Trolley mit Kleidung für eine Woche, sein letztes Buch, Schreibzeug, Klebstoff, Schere und seinen Laptop. Damit ging er die Riva del Mandracchio, die Hafenpromenade, ein Stückchen Meer entlang am Molo Audace vorbei, bog dann zur Altstadt ein und erreichte sein Apartment, das gleich hinter der Piazza dell‘Unità d’Italia gelegen war, ganz im Zentrum von Triest, dem Wien am Meer, wie wir sagen, bloß ein paar Schritte vom Denkmal von Massimiliano d’Austria, Imperatore del Messico entfernt. Er kannte hier niemanden.
Ein paar Stunden, vor allem vormittags, arbeitete Saxer in seiner Garçonnière an dem großen Tisch, der als Abstellgelegenheit, Arbeitsplatte – etwa zum Kochen –, als Esstisch und Schreibtisch gleichermaßen dienen sollte, und Maximilian ärgerte sich ein wenig, dass die Verantwortlichen der Verwertungsgesellschaft nicht daran gedacht hatten, eine Schreibtischlampe bereitzustellen. Es müsste doch klar sein, dass die ein zentrales Requisit in jeder Autorenwohnung darstellt, und wo sollte er mit seinen paar Brocken Italienisch eine herbekommen? Immerhin ging er auf die sechzig zu, und seine Augen wurden schlechter. Joyce hatte freilich noch viel schlechter gesehen als er, war in seinem Alter aber schon tot. So gut wie jedenfalls.
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